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Bedarfsermittlung
Im Bereich der Wellpappe-Verpackungen stellt die Bedarfsermittlung einen essenziellen Prozess dar, um die Gesamtanforderungen eines Unternehmens präzise zu verstehen und zuverlässig zu erfüllen. In einem volatilen Marktumfeld, wie es die Verpackungsindustrie häufig darstellt, nimmt sie eine Schlüsselrolle ein, um stets den richtigen Wellpappenvorrat in geeigneten Qualitäten, Formaten und Wellenprofilen zu gewährleisten. Sie schafft Transparenz über Verbrauchsmuster, unterstützt eine stabile Lieferbereitschaft und vermeidet sowohl Überbestände als auch Engpässe. Durch die systematische Analyse von Vergangenheitsdaten, saisonalen Effekten, Kampagnen und Kundenabrufen werden Bestände, Sicherheitsreserven und Beschaffungszyklen aufeinander abgestimmt. Das Ergebnis ist eine belastbare Grundlage für Planung, Beschaffung und Fertigung, die Kosten, Servicegrad und Durchlaufzeiten in ein ausgewogenes Verhältnis bringt. Ergänzend reduziert eine robuste Bedarfsermittlung Rüstwechsel, Ausschuss und Makulatur, fördert standardisierte Packmittelrahmen und minimiert den Bullwhip-Effekt entlang der Lieferkette.
Definition: Was versteht man unter Bedarfsermittlung?
Die Bedarfsermittlung ist ein strategischer Geschäftsprozess, bei dem festgestellt wird, welche Menge an Rohstoffen und Halbfabrikaten, in diesem Fall Wellpappe, ein Unternehmen benötigt, um seinen aktuellen und zukünftigen Bedarf zu decken. Sie beinhaltet Methoden zur Datensammlung, -analyse und Prognose, um die optimale Menge an Ressourcen zu bestimmen. Dabei wird zwischen verschiedenen Bedarfskategorien unterschieden, etwa unabhängigem Bedarf (z. B. Kundenaufträge, Serienabrufe) und abhängigem Bedarf (z. B. Zuschnitte, Einlagen, Zwischenlagen und Stanzzuschnitte für bereits geplante Produkte auf Basis von Stücklisten). Zusätzlich werden qualitative Anforderungen berücksichtigt, wie Materialqualitäten (z. B. Testliner, Kraftliner), Wellenprofil (E-, B-, C- oder BC-Welle), Tragfähigkeit, Druckbild sowie spezifische Toleranzen bei Abmessungen und Feuchte, die sich direkt auf Produktionsplanung, Lagerfähigkeit und Verfügbarkeit auswirken. Ebenso fließen Mindestbestellmengen, Bündel- und Paletteneinheiten, Verpackungsnormen sowie Spezifikationen zu Kanten- und Stapelfestigkeit (z. B. ECT/BCT) in die Disposition ein.
Typische Differenzierungen innerhalb der Bedarfsermittlung:
- Bruttobedarf vs. Nettobedarf: Bruttobedarf umfasst den gesamten Bedarf, Nettobedarf berücksichtigt vorhandene Bestände, offene Bestellungen und bereits freigegebene Fertigungsaufträge.
- Operativer vs. strategischer Bedarf: Operativ für den kurzfristigen Abruf, strategisch für langfristige Kapazitäts-, Material- und Lieferantenplanung.
- Kurzfristige, mittelfristige und langfristige Horizonte: Unterschiedliche Zeithorizonte erfordern jeweils passende Methoden und Annahmen.
- Serien- vs. Projektbedarf: Wiederkehrende Standardverpackungen werden anders disponiert als einmalige Sonderkonstruktionen.
- Plan- vs. Ist-Bedarf: Abgleich zwischen geplanten Abrufen und realen Entnahmen zur laufenden Parametrierung.
- Aggregationsstufen: Bedarf je Format, Qualitäten-Familie, Wellenkombination oder Kundenartikel zur hierarchischen Planung.
Methoden der Bedarfsermittlung
Zur Durchführung einer effektiven Bedarfsermittlung sind verschiedene Methoden und Ansätze im Einsatz. Diese beinhalten
- die Schätzung auf Basis von Vorjahreszahlen,
- die Prognose auf Basis von Marktanalysen,
- und in einigen Fällen die Verwendung von KI und maschinellem Lernen für präzise, automatisierte Vorhersagen.
Jede dieser Methoden hat ihre eigenen Stärken und Schwächen und kann je nach Art des Unternehmens, der Portfolio-Struktur (Standard- vs. Sonderverpackungen) und der Eigenschaften des Geschäftsmodells variieren. Ergänzend werden rollierende Forecast-Zyklen, Szenario-Analysen (Best-/Base-/Worst-Case) und What-if-Simulationen genutzt, um Unsicherheiten explizit zu adressieren und robuste Beschaffungsentscheidungen zu treffen.
Quantitative Verfahren (datengetrieben):
- Gleitender Mittelwert und exponentielle Glättung (einfach, doppelt, Holt-Winters) für Trends und Saisonalität.
- ARIMA-/SARIMA-Modelle, State-Space-Ansätze und Prophet-Varianten für komplexere Muster und Kalendereffekte.
- Regressionsmodelle und kausale Verfahren zur Abbildung externer Einflussgrößen (Aktionen, Feiertage, Wetter, Branchenindikatoren).
- Hierarchische und gruppierte Prognosen (Bottom-up, Top-down, Middle-out) über Formate, Qualitäten und Kunden hinweg.
- Spezielle Ansätze für sporadischen Verbrauch (z. B. Croston-Varianten, SBA, TSB) im Ersatzteil-, Projekt- und Aktionsgeschäft.
- Bootstrapping und Ensemble-Methoden zur Verbesserung der Prognosegüte bei begrenzten Zeitreihenlängen.
Qualitative Verfahren (wissensbasiert):
- Expertenurteile aus Vertrieb, Einkauf, Disposition und Produktion zur Einschätzung von Kampagnen, Produktneueinführungen und Auslistungen.
- Delphi-Runden und strukturierte Konsensusverfahren zur Konsolidierung divergierender Erwartungen.
- Direkte Kundenabstimmung zu Rahmenverträgen, Abrufverhalten und Lieferflexibilitäten.
Segmentierung und Kombination:
- ABC-/XYZ-Analysen zur Priorisierung nach Wertanteil und Vorhersagbarkeit.
- Serviceklassifizierung (z. B. differenzierte Servicegrade nach Kundensegment und Artikelkritikalität).
- Lebenszyklusmodelle (Einführung, Wachstum, Reife, Rückgang) mit angepasster Methodik.
- Hybridansätze, bei denen statistische Prognosen durch Expertenwissen validiert und justiert werden.
Datenquellen, Einflussfaktoren und Parameter
Eine belastbare Bedarfsermittlung stützt sich auf saubere, konsistente Daten. Relevante Quellen sind ERP- und MES-Daten (Verbräuche, Aufträge, Bestände), Auftragsprognosen, Stammdaten (Materialvarianten, Qualitäten), Lieferzeiten sowie historische Störungen (Ausschuss, Eilaufträge). Externe Faktoren wie Branchenkonjunktur, gesetzliche Vorgaben, Preisentwicklungen für Rohpapier, Energie und Leime sowie saisonale Nachfragepeaks werden ergänzend berücksichtigt. Zusätzlich erhöhen Sensordaten aus der Produktion (Rüstzeiten, OEE, Stillstandsgründe), Packstoffgewichte, Formatnutzungsgrade auf dem Wellautomat und Palettiermuster die Genauigkeit der Disposition. Mindest- und Vielfachmengen, Preisstaffeln, Mindesthaltbarkeiten von Hilfsstoffen, Feuchte- und Lagerbedingungen für Wellpappe fließen ebenso in die Parameterpflege ein.
Hilfreich ist zudem der Abgleich mit verfügbaren Standardformaten und Beschaffungsoptionen. Ein Überblick über sofort verfügbare Verpackungen ab Lager kann Hinweise geben, welche Bedarfe kurzfristig abgedeckt werden und wo individuelle Planung erforderlich ist. Ebenso sollten Maße, Flächengewichte, Biege- und Druckanforderungen mit bestehenden Spezifikationen harmonisiert werden, um Variantenvielfalt zu begrenzen und die Wiederbeschaffbarkeit zu erhöhen.
Zentrale Stellgrößen der Bedarfsermittlung:
- Sicherheitsbestand und Zielreichweite in Tagen.
- Bestellpunkt und Wiederbeschaffungszeit.
- Servicegradziele und maximale Bestandsobergrenzen.
- Losgrößen (z. B. EOQ), Mindestabnahmemengen und Rüstkostenrelationen.
- Planungsfrequenz, Freeze-Zonen und Rollierungslogik im Forecast-Zyklus.
- Kanban-Parameter (Kartenanzahl, Behältergrößen) für wiederkehrende Standardzuschnitte.
Prozessablauf in der Praxis
- Datenerhebung und -bereinigung: Zusammenführen, Prüfen und Glätten von Ausreißern (z. B. Einmaleffekte, Sonderaufträge). Harmonisierung von Einheiten (m², Laufmeter, Stück) und Abgleich von Artikel- und Variantenstammdaten.
- Segmentierung: Cluster nach Vorhersagbarkeit, Wertigkeit und Lebenszyklus. Identifikation von Standard- vs. Sonderartikeln sowie Volumenbündelung über Formate.
- Prognose: Auswahl passender Modelle je Segment; Validierung gegen Erfahrungswerte. Durchführung von Szenarien sowie Sensitivitätsanalysen für Lieferzeiten und Nachfragevolatilität.
- Abgleich mit Kapazität und Beschaffung: Prüfung von Produktionsslots, Lieferzeiten, Alternativmaterialien. Berücksichtigung von Rüstmatrizen, Mindestfahrbreiten und Nutzenoptimierung auf dem Wellautomaten.
- Festlegung von Bestands- und Dispositionsparametern: Definition von Sicherheitsbeständen, Bestellpunkten und Zielreichweiten. Ableitung von Losgrößen, Rahmenbestellungen und Abrufrhythmen.
- Monitoring und Nachsteuerung: Laufende Messung von Prognosegüte, zeitnahe Anpassung bei Abweichungen. Regelmäßige FVA-Reviews und Ursachenanalysen bei Stockouts oder Überbeständen.
- Dokumentation und Governance: Versionierung von Annahmen, klare Rollen und Verantwortlichkeiten, Audit-Trail für Änderungen.
- Kontinuierliche Verbesserung: Iteratives Tuning der Modelle, Stammdatenpflege, Schulungen und Lessons Learned.
Bedeutung der Bedarfsermittlung für die Wellpappenindustrie
Die Bedeutung der Bedarfsermittlung in der Wellpappenindustrie liegt in der Kontrolle und Minimierung von Lagerbeständen, Vermeidung von Materialmangel, Optimierung der Produktionsplanung und schließlich in der Erfüllung der Kundenerwartungen durch Lieferbereitschaft. Es ist unentbehrlich für eine reibungslose und effiziente Produktion, die sich direkt auf die Kundenzufriedenheit und den Geschäftserfolg auswirkt. Darüber hinaus stabilisiert sie Materialflüsse, reduziert Umrüstfrequenzen und unterstützt die Auswahl passender Materialqualitäten entlang des Produktportfolios. Sie fördert standardisierte Verpackungslösungen, verbessert die Planbarkeit in der Weiterverarbeitung (Druck, Stanzen, Kleben) und ermöglicht eine ressourcenschonende Disposition mit geringerer Makulatur und besserer Flächennutzung.
- Bestands- und Kostenwirkung: Reduzierte Kapitalbindung, geringere Abschreibungsrisiken, weniger Eilbeschaffungen.
- Leistung in der Fertigung: Bessere Termin- und Mengenpläne, planbare Auslastung, weniger Stillstände.
- Lieferbereitschaft: Höhere Verfügbarkeit bei Schwankungen, kürzere Reaktionszeiten bei Nachfragespitzen.
- Nachhaltigkeit: Geringere Überproduktion, weniger Entsorgung, energieeffizientere Fahrten und verbesserte LKW-Auslastung.
- Standardisierung: Verschlankung der Varianten, höhere Wiederholteilequote und verbesserte Beschaffbarkeit.
Kennzahlen und Monitoring
Zur Steuerung der Bedarfsermittlung werden Kennzahlen genutzt, die Prognosequalität und Versorgungssicherheit messbar machen. Entscheidende Metriken verbinden Genauigkeit, Geschwindigkeit und Stabilität der Versorgung mit den realen Produktions- und Lagerbedingungen.
- Prognosegüte: MAPE, MAE, sMAPE, WAPE und Bias zur Erkennung systematischer Über- oder Unterschätzungen.
- Bestandskennzahlen: Reichweite in Tagen, Lagerumschlag, Verhältnis von Sicherheits- zu Umlaufbestand, Anteil obsoleter Bestände.
- Servicekennzahlen: Lieferbereitschaftsgrad, Termintreue, Anteil nicht bedienbarer Abrufe, OTIF-Quote und Backorder-Rate.
- Prozesskennzahlen: Forecast Value Added (FVA), Plan-/Ist-Abweichungen, Nachsteuerungsfrequenz, Stammdatenqualität.
Risiken, Grenzen und typische Fehlerbilder
- Unzureichende Datenqualität: Fehlende oder inkonsistente Verbrauchsdaten führen zu verzerrten Prognosen.
- Ignorierte externe Einflüsse: Saison, Aktionen oder Marktumbrüche werden nicht rechtzeitig eingepreist.
- Überanpassung von Modellen: Zu komplexe Modelle reagieren empfindlich auf Ausreißer.
- Mangelnde Abstimmung: Fehlende Synchronisation zwischen Vertrieb, Beschaffung und Produktion.
- Statische Parameter: Unveränderte Sicherheitsbestände trotz geänderter Nachfrage- oder Lieferzeiten.
- Bullwhip-Effekt: Verstärkte Schwankungen durch mehrstufige Informationsverzögerungen in der Lieferkette.
- Unklare Stammdaten: Falsche Einheiten, doppelte Artikelnummern oder nicht gepflegte Alternativqualitäten.
- Nicht berücksichtigte Restriktionen: Rüstmatrizen, Mindestfahrbreiten, Nutzenpläne und Verpackungslogistik werden übersehen.
Vor- und Nachteile von Bedarfsermittlung
Ein Vorteil der Bedarfsermittlung ist die genaue Kenntnis des benötigten Materials und die Möglichkeit, Produktion und Versorgung ordnungsgemäß zu planen. Dies führt zu geringerem Verschwendungspotenzial und effizienterer Nutzung von Ressourcen. Auf der anderen Seite kann eine ungenaue Bedarfsermittlung zu einem Überschuss oder Mangel an Materialien führen, was Kosten verursachen und zu Produktionsverzögerungen führen kann. Zudem erfordert eine wirksame Umsetzung Disziplin in der Stammdatenpflege, klare Rollen sowie regelmäßige Reviews, um die Prognosegüte zu stabilisieren und die Dispositionsparameter an Veränderungen anzupassen.
- Vorteile: Höhere Planbarkeit, bessere Auslastung, geringere Kapitalbindung, transparentere Entscheidungen, verbesserte Termintreue.
- Nachteile: Aufwand für Datenaufbereitung, Modellpflege und Abstimmungen; Risiko falscher Annahmen; zusätzlicher Koordinationsbedarf.
- Abwägung: Der Nutzen steigt mit Datenqualität, passender Methodik, abgestimmter Governance und konsequentem Monitoring.
Zusammenfassung:
- Die Bedarfsermittlung dient dazu, den genauen Bedarf eines Unternehmens an Verpackungen aus Wellpappe zu bestimmen, indem sowohl die Quantität als auch die Spezifikationen der benötigten Produkte ermittelt werden.
- Abhängig von den Ergebnissen der Bedarfsermittlung können Unternehmen ihre Bestellungen für Wellpappe-Verpackungen optimieren, was zu niedrigeren Kosten und einem effizienteren Lagermanagement führt.
- Sie ist auch ein Schlüsselinstrument für die Planung von Fertigungsprozessen und kann dazu beitragen, Verschwendung zu minimieren und die Umweltverträglichkeit von Verpackungsprozessen zu erhöhen.
- Wesentlich sind saubere Daten, geeignete Prognosemodelle, abgestimmte Parameter sowie ein kontinuierliches, kennzahlenbasiertes Monitoring inklusive FVA-Analysen und regelmäßiger Szenarioreviews.
- Durch die Kombination von quantitativen Methoden und Expertenwissen lassen sich Schwankungen beherrschbar machen und die Lieferbereitschaft sichern; standardisierte Formate und klare Dispositionsregeln unterstützen eine belastbare Versorgung.
- Eine konsequente Governance mit definierter Verantwortlichkeit, dokumentierten Annahmen und zyklischer Verbesserung erhöht die Robustheit des gesamten Planungsprozesses.
Veröffentlicht am 04.08.2024
Letzte Überarbeitung am 08.09.2025 um 16:12 Uhr von Julia Kopp