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Ausreißfestigkeit
In der Welt der Wellpappe-Verpackungen ist ein Aspekt von entscheidender Bedeutung, nämlich die Ausreißfestigkeit. Diese Eigenschaft definiert das Stehvermögen der Wellpappe gegenüber mechanischen Belastungen und ist daher bei der Auswahl von Verpackungsmaterialien besonders relevant. Sie wirkt sich entlang der gesamten Prozesskette – von der Herstellung über die Weiterverarbeitung bis zur Distribution – auf Funktionssicherheit, Produktschutz und Reproduzierbarkeit aus.
Sie beschreibt die Widerstandsfähigkeit des Materialverbunds aus Wellenbahn und Deckschichten gegen ein lokales Herausreißen. In der Praxis dient sie als Kennwert für die Qualität der Verklebung, die Integrität der Papierlagen und die Zuverlässigkeit unter punktuellen Belastungen – etwa beim automatisierten Handling, beim Greifen, Stanzen oder bei Stößen im Versandprozess. Unzureichende Ausreißwerte begünstigen Delaminationen, ausgerissene Deckbahnen an Handgriffen, beschädigte Laschen oder Einrisse an Perforationen; angemessene Werte reduzieren diese Risiken nachhaltig.
Definition: Was versteht man unter Ausreißfestigkeit?
Die Ausreißfestigkeit ist eine Kennzahl für die Kraft, die benötigt wird, um einen bestimmten Bereich der Wellpappe, meist in Form einer kreisrunden Aufprägung, aus dem Materialverbund herauszureißen. Dabei wird die Festigkeit der Bindung zwischen den einzelnen Wellpappenschichten sowie zwischen der Welle und den Deckschichten erfasst. In Auswertungen werden häufig sowohl die maximale Kraftspitze (in N) als auch – je nach Verfahren – die verrichtete Arbeit bis zum Versagen betrachtet.
Im engeren Sinn bewertet dieser Kennwert die Haftung der Klebstoffbrücken zwischen Welle und Liner (Deckbahn) und somit die Verbundqualität. Er grenzt sich damit von anderen Kennwerten wie Kantenstauchwiderstand (ECT) oder Berstfestigkeit ab, die andere Versagensmechanismen adressieren. Eine hohe Ausreißfestigkeit steht für eine stabile Verklebung und eine kontrollierte Energieaufnahme bei lokaler Beanspruchung. Ebenso lässt sich aus der Form der Kraft-Zeit- oder Kraft-Weg-Kurve auf das Versagensbild schließen (sprödes Abplatzen versus duktiles Herausziehen), was für die konstruktive Bewertung von Nutzen ist.
- Messgröße: Kraft oder Arbeit bis zum Ausreißen eines definierten Prüfbereichs
- Prüfkörper: Wellpappensegmente mit standardisierten Stanzungen/Aufprägungen
- Ziel der Kennzahl: Beurteilung des Verbundhalts und der Prozessqualität der Verklebung
- Einheit und Darstellung: Maximalwerte in Newton (N), optional Arbeitsanteil in Joule (J), ergänzt durch Kurvenverlauf
- Bewertungsaspekte: Versagensort (an der Klebstoffbrücke, in der Faser, im Liner), Symmetrie zwischen MD/CD-Richtung
Prüfung der Ausreißwerte
Die Feststellung der Ausreißfestigkeit erfolgt durch ein standardisiertes Prüfverfahren. In einem speziellen Gerät wird die Wellpappe eingespannt und zunehmend Belastung ausgeübt, bis der definierte Bereich ausreißt. Der aufgebrachte Kraftaufwand wird gemessen und gibt den Wert der Ausreißfestigkeit an. Üblicherweise werden mehrere Messungen je Richtung (Maschinenrichtung/Querrichtung) durchgeführt, um Streuungen und Richtungsabhängigkeiten zu erfassen.
In der Praxis wird häufig ein Pin-Adhäsionstest (Pin Adhesion Test) genutzt, bei dem ein Stempel (Pin) eine kreisrunde Zone des Liners aus dem Verbund zieht. Das Maximum der dabei erforderlichen Kraft gilt als Kennwert. Prüfungen erfolgen üblicherweise klimatisiert (z. B. 23 °C/50 % r. F.), um reproduzierbare Ergebnisse sicherzustellen. Typisch sind Stempeldurchmesser im unteren Millimeterbereich und definierte Vorschubgeschwindigkeiten, damit die Belastungsrate keinen ungewollten Einfluss ausübt.
- Vorbereitung: Konditionierung der Prüflinge im Normklima, Zuschnitt der Proben
- Durchführung: Einspannen, definierte Geschwindigkeit/Belastungsrate, Auszug des kreisrunden Bereichs
- Auswertung: Maximal- oder Mittelwerte mehrerer Messungen, statistische Beurteilung (Streuung, Ausreißer)
- Richtungsprüfung: Vergleich von MD/CD zur Ermittlung anisotroper Effekte und Prozesssymmetrie
- Dokumentation: Protokollierung von Prüfkörpergeometrie, Klimadaten, Stempeldurchmesser, Geschwindigkeit
Für die Vergleichbarkeit ist die Geometrie des Prüfkörpers, die Belastungsrate und die Probenkonditionierung entscheidend. Ebenso beeinflussen exakte Abmessungen der Prüffläche, der Stempeldurchmesser, der definierte Anpressdruck sowie die Eindringtiefe des Pins die ermittelten Ausreißwerte. Eine konsistente Probenentnahme (Abstand zu Rillungen, Stanzrändern und Feuchtstellen) unterstützt reproduzierbare Resultate.
Hinweise zu Normen und Prüfmethoden
Zur Einordnung werden in der Industrie etablierte Verfahren herangezogen (z. B. Pin-Adhäsion nach gängigen Verbandsmethoden). Ergänzende Prüfungen wie ECT, RCT oder Berstfestigkeit liefern ein umfassenderes Bild der Leistungsfähigkeit von Wellpappe, ersetzen jedoch die Ausreißprüfung nicht. Für belastbare Spezifikationen ist eine eindeutige Prüfdefinition inklusive Klima, Geschwindigkeit und Stichprobengröße maßgeblich.
Anwendungsbereiche und ihre Anforderungen an die Ausreißfestigkeit
Die Ausreißfestigkeit spielt in unterschiedlichen Anwendungsfeldern der Wellpappe eine Rolle. Insbesondere bei schweren Produkten oder Gütern mit scharfen Kanten, aber auch bei der Palettebene und im Maschinendurchlauf ist eine hohe Ausreißfestigkeit vorteilhaft. Auch konstruktive Details wie Handgriffe, Sichtfenster, Perforationen, Einstecklaschen oder Luftlöcher profitieren von einem robusten Verbund, da sie lokal erhöhte Spannungen verursachen.
- Automatisierte Verpackungslinien: Greifer, Sauger und Förderelemente erzeugen punktuelle Zug- und Schälkräfte.
- Schwere oder kantige Güter: Lokale Eindrücke und Stöße belasten die Verklebung und die Decklagen.
- Export und Langstreckenlogistik: Mehrfache Handlingschritte und klimatische Schwankungen erfordern robuste Verbundeigenschaften.
- Hochregallager: Wiederholte Umschichtung, längere Standzeiten und konstante Beanspruchungen auf Ebene der Stapelung.
- Stanz- und Rillprozesse: Lokale Schwächungen können die Reißinitiierung begünstigen, wenn die Verbundhaftung zu gering ist.
- Trag- und Grifföffnungen: Hohe Spannungskonzentrationen an Kanten erfordern erhöhte Ausreißwerte zur Vermeidung von Einrissen.
- Umreifen und Stretchen: Linienlasten an Kanten und Flächen erhöhen die Gefahr lokaler Delaminationen bei schwacher Verklebung.
Je nach Anwendung werden Mindestwerte definiert, die sich an Produktempfindlichkeit, Transportweg, Prozessparametern und den geforderten Sicherheitsreserven orientieren. In der Praxis ist eine abgestufte Spezifikation sinnvoll, die für kritische Zonen (z. B. Griffbereiche) höhere Zielwerte vorsieht als für großflächige Bereiche.
Vor- und Nachteile von Ausreißfestigkeiten
Ein zentraler Vorteil der Ausreißfestigkeit ist die Erhöhung der Stabilität der Verpackung. Starke Ausreißwerte sorgen für eine robuste Verpackung und bieten Schutz vor Beschädigungen während des Versand- oder Lagerprozesses. Ein bedeutender Nachteil besteht jedoch darin, dass ein höherer Materialaufwand sowie Kosten verbunden sein können, um eine erhöhte Ausreißfestigkeit zu erzielen. Gleichzeitig ist die Balance mit anderen Eigenschaften – etwa Stauch- und Biegefestigkeiten oder Falteigenschaften – wichtig, um keine Überdimensionierung zu erzeugen.
- Vorteile: Höhere Prozesssicherheit im Maschinendurchlauf, geringere Risikoquote lokaler Delamination, bessere Schutzwirkung gegen punktuelle Lasten.
- Potenzielle Nachteile: Höhere Flächengewichte und/oder Klebstoffaufträge können Material- und Prozesskosten erhöhen; zusätzlich ist die Ausbalancierung mit anderen Kennwerten (z. B. ECT) erforderlich.
- Optimierungsaspekt: Ziel ist eine angemessene, nicht überdimensionierte Auslegung, die Funktionssicherheit mit Materialeffizienz verbindet.
- Grenzen der Kennzahl: Die Ausreißfestigkeit adressiert lokale Verbundhaftung; globale Tragfähigkeit (z. B. BCT) und dynamische Beanspruchungen müssen ergänzend betrachtet werden.
Einsatzbereiche der Wellpappen mit hohen Ausreißwerten
Die Wellpappe mit hoher Ausreißfestigkeit bietet optimale Lösungen für eine Vielzahl von Anwendungen. Sie eignet sich hervorragend für den Export, Hochregallager, den Versand von schweren oder scharfkantigen Gegenständen und vieles mehr. Auch Mehrwegverpackungen und Umlaufbehälter, die wiederholt mechanisch beansprucht werden, profitieren von einem verbesserten Verbundhalt.
- Exportkisten und Industriegüter: Sicheres Handling bei Stapelung und Umreifen, auch unter wechselnden Klimabedingungen.
- Automotive- und Metallkomponenten: Kantige Teile, Bauteile mit erhöhtem Punktdruck, vibrationsbelastete Transporte.
- E-Commerce und Fulfillment: Häufige Handlingsschritte und mechanische Beanspruchung im Sortierprozess.
- Mehrweg- und Umlaufverpackungen: Wiederholte Nutzung stellt erhöhte Anforderungen an den Verbundhalt.
- Haushaltsgeräte und Elektronik: Schutz vor Kantenbelastungen an Verpackungsaussparungen, Trays und Halteelementen.
- Funktionale Displays und SRP-Lösungen: Perforationen, Einreißhilfen und Sichtfenster erfordern stabile Decklagen-Anbindung.
Materialauswahl und ihre Auswirkungen auf die Ausreißfestigkeit
Die Wahl des richtigen Materials und die optimale Konstruktion sind von essentieller Bedeutung für die Ausreißfestigkeit. Papier mit hoher Festigkeit und guter Klebrigkeit kann dazu beitragen, bessere Ausreißwerte zu erreichen. Es ist daher wichtig zu prüfen, welche Anforderungen an die Verpackung im spezifischen Einsatzfeld gestellt werden. Neben der Papierqualität wirken auch Flächengewicht, Faserlängenverteilung und Oberflächenleimung auf die Anbindung an den Wellenbauch.
Material- und Konstruktionsfaktoren
- Linerqualität: Kraftliner/Testliner, Faserlänge und Oberflächenfestigkeit beeinflussen die Anbindung an die Welle.
- Wellenpapier: Steifigkeit, Faserorientierung und Feuchtehaushalt wirken auf die Schälfestigkeit.
- Klebstoffsystem: Rezeptur und Viskosität des Stärkeklebers, Auftragsmenge, Temperaturfenster und Abbindezeit.
- Wellensorte: B-, C-, E- oder Doppelwellen (z. B. BC) verändern Kontaktflächen und Lastverteilung.
- Prozessführung: Rüst- und Prozessparameter am Wellpappwerk (Vorspannung, Pressdruck, Liniengeschwindigkeit) beeinflussen die Verbundhaftung.
- Flächengewicht und Decklagensteifigkeit: Höhere Grammaturen und stabile Linereigenschaften verbessern die Faserverbundeinbindung.
- Recyclingfaseranteil: Variiert die Oberflächenfestigkeit; kann durch geeignete Klebstoffe kompensiert werden.
- Beschichtungen: Hydrophobierungen oder Barrieren verändern Benetzbarkeit und Klebstoffhaftung.
Umwelt- und Prozessbedingungen
- Klimatisierung: Relative Luftfeuchte und Temperatur beeinflussen Papierfestigkeiten und Klebstoffbrücken.
- Lagerung: Zeit zwischen Produktion und Weiterverarbeitung, Durchfeuchtung und Temperaturschwankungen.
- Weiterverarbeitung: Stanzen, Rillen und Fügen können lokale Spannungen einbringen und Reißinitiierungen begünstigen.
- Alterung: Veränderungen der Klebstoffbrücken und Papierfestigkeit über die Zeit, insbesondere bei wechselndem Klima.
- Mechanische Vorbelastung: Vorschädigungen durch Umreifen, Quetschungen oder Stöße reduzieren lokale Verbundreserven.
Spezifikation, Qualitätskontrolle und Troubleshooting
Für eine belastbare Anwendungspraxis werden Zielwerte der Ausreißfestigkeit in Materialspezifikationen verankert. Diese sollten die Prüfgeometrie, das Klima, die Belastungsrate, die Richtungsprüfung (MD/CD) sowie statistische Kriterien (Stichprobengröße, Akzeptanzkriterien) eindeutig beschreiben. In der Wareneingangs- und Prozesskontrolle sichern Regelprüfungen die Konstanz ab.
Treten Unterschreitungen auf, empfiehlt sich ein systematisches Troubleshooting: Klima und Konditionierung prüfen, Klebstoffviskosität und Auftrag kontrollieren, Temperaturfenster und Pressdruck an der Wellpappenanlage verifizieren sowie Papierchargen (Oberflächenfestigkeit, Feuchte) analysieren. Ergänzende Prüfungen wie ECT/BCT helfen, Wechselwirkungen mit anderen Eigenschaften zu erkennen.
- Spezifikationspraxis: Differenzierte Zielwerte für kritische Zonen (z. B. Grifföffnungen) und Standardflächen festlegen.
- Statistik: Mittelwert, Standardabweichung und Mindestgrenzen kombinieren, um Prozessstreuung zu berücksichtigen.
- Dokumentation: Rückverfolgbarkeit durch Chargen- und Prozessdaten, Klimaprotokolle und Prüfkurven sicherstellen.
- Konstruktive Maßnahmen: Radien vergrößern, Perforationsbilder anpassen, zusätzliche Lagen/Verstärkungen punktuell vorsehen.
Zusammenfassung:
- Die Ausreißfestigkeit ist eine wichtige Materialeigenschaft, die besonders bei Verpackungen aus Wellpappe beachtet werden sollte. Sie gibt an, welche Kraft nötig ist, um einen festgelegten Bereich des Materials zu durchdringen oder herauszureißen.
- In der Verpackungsindustrie ist die Ausreißfestigkeit besonders relevant, da sie Einfluss auf die Stabilität und Langlebigkeit der Verpackung hat. Verpackungen mit hoher Ausreißfestigkeit bieten besseren Schutz für die eingepackten Waren und verbessern gleichzeitig die Handhabung und Lagerung.
- Das Testen und Optimieren der Ausreißfestigkeit von Wellpappe hilft Unternehmen, das beste Material für ihre Verpackungsanforderungen zu wählen. Dies führt zu mehr Sicherheit, verbessertem Schutz und letztendlich zu Kosteneinsparungen aufgrund geringerer Beschädigungs- und Austauschraten.
- Praxisempfehlung: Anforderungen definieren, Prüfungen unter Normklima durchführen, Ergebnisse mit weiteren Kennwerten (z. B. ECT/BCT) abgleichen und Material/Prozess zielgerichtet justieren.
- Spezifikation und Kontrolle: Eindeutige Prüfbedingungen festlegen, Richtungsabhängigkeiten berücksichtigen und eine robuste Stichprobenstrategie etablieren.
Veröffentlicht am 17.08.2024
Letzte Überarbeitung am 30.09.2025 um 18:31 Uhr von Julia Kopp